In Dankbarkeit und Verbundenheit mit den verstorbenen Mund- oder Fussmalern

In Memoriam

Leisi, Antoine René
Mundmaler
1965 - 2023

Antoine René Leisi wurde in Grenchen im Kanton Solothurn geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte Antoine Leisi im Tessin, in einer Gegend umgeben von schönen Eindrücken und Impressionen. Seine grosse Passion galt dem Radsport. In jungen Jahren begann er sich diesem Sport mehr und mehr zu widmen und sein Ziel an Rennradrennen teilzunehmen, liess er bald Taten folgen. Die familiären Möglichkeiten, seinen Traum ein Radsportler zu werden und ihm die notwendige Unterstützung zu geben, gab es leider nicht.

Im jungen Alter von 19 Jahren traf er eine Entscheidung, welche ihm seine berufliche Existenz sichern sollte. Nach seiner Lehre als Blechkarosseriebauer, arbeitete er als Monteur von Metallanlagen. Eine Arbeit, die ihn, wie er selbst sagte, erfüllte. Im Jahre 1991 wurde Antoine Leisi Opfer eines Autounfalls. Aufgrund dieses Unfalls wurde er zu einem Tetraplegiker. Ein Buch von Join Eareckson, einer Mundmalerin, welche selbst Quadriplegikerin war, inspirierte ihn im Jahre 1995. Er begann sich dem Thema Kunst zu nähern, indem er anfing, liegend im Krankenhausbett zu malen. Für ihn war die Kunst und das Malen ein Fenster und Therapie, bei der sein Verstand in eine Dimension von Farben eintauchte.

Die Auswahl seiner Farben basierte auf seiner Stimmung, dadurch inspiriert um Inhalte und Form entstehen zu lassen. Leinwand oder Blätter verwendetet er gleichwohl und liess seinen Pinsel gekonnt im Mund geführt, über die Oberfläche tanzen, als Kanal des körperlichen Ausdrucks von Emotionen und Gefühlen seines Gemütszustandes. Fortlaufende Weiterbildungen und Teilnahmen an Workshops brachten ihn immer weiter in seiner künstlerischen Entwicklung und seinem persönlichen Ziel, die Kunst auf dem Niveau zu perfektionieren, dass es den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zauberte.

Seine Werke entstanden meist in Acryl, ausdrucksstarke, expressionistische, aber auch reflektierte Bilder waren an Ausstellungen in der Tonhalle St. Gallen, FHS St. Gallen OST und in seiner Heimat im Tessin zu sehen und zu bewundern. Antoine René Leisi verstarb im August 2023.

Spahni, Klaus
Mundmaler
1940 - 2014

Klaus Spahni erkrankte mit neun Jahren an Kinderlähmung, durch die er an Armen und Beinen vollständig gelähmt blieb. Bei einer Heilgymnastin in Zürich entdeckte er seine Freude am Malen mit dem Mund. Schon wenige Jahre später liess er sich an der Schule für Gestaltung in St. Gallen zum wissenschaftlicher Zeichner ausbilden.

Zudem nahm er bei einem renommierten Kunstmaler Kunstunterricht, um sich in der freien Malerei zu perfektionieren. Seine Weiterbildung führte er im europäischen Ausland fort. Italien, Frankreich und Spanien waren hierbei seine Stationen.
Nur kurze Zeit später wurde der Mundmaler Mitglied im Berufsverband für visuelle Kunst der Schweiz (VISARTE) und der VDMFK. So konnte er seine Werke der breiten Öffentlichkeit vorstellen.

Spahni veranstaltete zahlreiche Ausstellungen einzeln, zusammen mit seiner Frau, in Gruppen, im Rahmen der VISARTE und der VDMFK in der Schweiz, Österreich und in Städten in aller Welt. Heute befinden sich ausserdem zahlreiche seiner Bilder in der ständigen Sammlung des Kunstmuseums von St. Gallen. Für Klaus Spahni war das Malen immer Lebensmittelpunkt. Durch die Lähmung war seine körperliche Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt. „Doch auf der Bildfläche kann ich gehen, hüpfen, springen und tanzen“, sagte Spahni, der sich auf der Leinwand mittels Strichen, Flächen, Farben und Tonalitäten bewegte. Die intensive Arbeit an den Bildern waren für ihn Lust und Freude; Glücksgefühle erfüllten ihn, wenn ein Werk vollendet war. Klaus Spahni verstarb 2014. Seine Frau setzt sich weiterhin für die GMFK ein und ist als Kuratorin sowie künstlerisch als Malerin tätig.

Rieser, Ruth
Mundmalerin
1943 - 2007

Mit 13 Jahren erkrankte Ruth Rieser an Poliomyelitis. Seither war sie komplett gelähmt und musste beatmet werden. Schon vier Monate nach ihrer Erkrankung begann sie mit dem Mund zu malen. Zu sehen, dass sie aus eigener Kraft wieder etwas zustande bringen konnte, bereitete ihr grosse Freude und ermunterte sie zu weiterem Tun. Aus der Erinnerung malte sie Blumen, Pflanzen und Tiere. Ein Arzt entdeckte zwei Jahre später ihr Talent und organisierte eine Mallehrerin für Ruth Rieser. So erlernte sie das Aquarellieren und bald schon malte sie auch in Öl auf Leinwand, später dann auf Keramik und Holz.

Das Spielen, Ausprobieren und Experimentieren mit Farben, Formen und Strukturen verschafften ihr grosse Zufriedenheit und gaben gleichzeitig Energie für ausgiebige Weiterbildungen: Mit Französisch, Englisch, Italienisch, Spanisch und Russisch erlernte sie insgesamt fünf Fremdsprachen und studierte in den Geisteswissenschaften Psychologie, Philosophie, Soziologie und Politologie. 1987 wurde sie Vollmitglied der VDMFK. Dadurch konnte sie ihre Keramikbilder über Ausstellungen einer breiten Öffentlichkeit vorstellen. Zudem erhielt sie die Möglichkeit, zwei Bücher zu veröffentlichen. In „Ich liebe mein Leben trotz allem“ und „Den eigenen Weg wagen“ erzählt sie aus ihrem Leben als behinderte Frau und hinterlässt nicht nur ihre Kunst, sondern auch Ermutigung für andere Mund- oder Fussmaler. Ruth Rieser verstarb 2007.

Lörtscher, Vreni
Mundmalerin
1929 - 2002

Vreni Lörtscher wurde 1929 in Weissenbach im Simmenthal/Schweiz geboren. Sie heiratete und war Mutter von drei Töchtern, bevor sie 1956 an Poliomyelitis erkrankte. Durch die Kinderlähmung konnte sie ihre Arme und Beine nicht mehr bewegen, auch ihre Atmung war beeinträchtigt. Ihre ersten Malversuche unternahm sie 1981 und begründete sie so: „Als ich noch gesund war, interessierte mich das Malen nicht sehr. Doch eines Tages fragte ich nicht mehr, was möchte ich tun, sondern, was kann ich tun. Das Malen ist jetzt meine Hauptbeschäftigung.“

Ihre mundgemalten Aquarelle wurden bald in Ausstellungen gezeigt, 1988 wurde sie Mitglied bei der GMFK und erhielt Malunterricht bei der Mallehrerin und -therapeutin Bettina Hunziker. Ihre Lebensgeschichte verarbeitete Lörtscher in einem Buch mit dem Titel „Gelähmt und doch lebendig“, das 1991 erschien. 2002 verstarb die Mundmalerin in Bern-Wittigkofen.

Tovae, Marlyse
Fussmalerin
1933 - 2001

Marlyse Tovae kam 1933 ohne Arme in Strassburg auf die Welt. Bereits als Kleinkind setzte sie ihre Füsse für all das ein, wofür andere ihre Hände benutzten. Sie besuchte die Volksschule und später eine höhere Mädchenschule. Sehr bald widmete sich Tovae der Mal- und Zeichenkunst und entdeckte darin ihre Leidenschaft. Sie studierte später in Strassburg bei der bekannten Malerin Marthe Kiehl und besuchte die Strassburger Kunstgewerbeschule. Schon während ihrer Ausbildung erhielt Tovae Auszeichnungen. Die Stillleben, Landschaften und Kompositionen dieser zierlichen Person waren anfangs von einer ausgeprägten Expressivität gekennzeichnet. Marlyse Tovae sah in ihren Tierdarstellungen ein Zentrum ihrer bildnerischen Interessen. Mit der Zeit wendete sich die Fussmalerin zunehmen der gegenstandslosen Malerei zu.

Sie stellte auch Keramiken, Metallarbeiten und grossformatige Mosaiken her – in handwerklicher Aufbereitung und Ausdruck formvollendet. Ihre Werke präsentierte die mehrfach ausgezeichnete Marlyse Tovae unter anderem in Paris, Strassburg, Wien, Rom, Sydney, Zürich, Tokio, Stockholm und an ihrem Wohnort in Genf.

Marlyse Tovae gehörte zu den Gründungsmitgliedern der VDMFK. Bei der Generalversammlung 1959 in Edinburgh wurde sie in den Vorstand der VDMFK gewählt. Nach dem Ableben des Gründers und ersten Präsidenten der VDMFK, Arnulf Erich Stegmann, wählten die Mitglieder anlässlich der Generalversammlung 1985 in Madrid Tovae zur Präsidentin der VDMFK.

Lengacher-Huwyler, Charlotte
Fusskünstlerin
1940 - 1997

Charlotte Lengacher-Huwyler wurde 1940 in Kerns/Schweiz geboren. Wegen einer Hirnverletzung bei der Geburt war sie zerebral gelähmt. Die Künstlerin besuchte die Privatschule für Behinderte „Kronbühl“ in St. Gallen und lernte neben den üblichen Fächern auch Weben und Sticken. Dabei ersetzten ihre Füsse die Hände der Künstlerin.

Die Arbeiten von Lengacher-Huwyler gleichen denen der Stilgründer moderner Kunst: expressive, aufs äusserste vereinfachte Formen, ungebrochene, kontrastreiche Farben. Dabei malte sie nicht, sondern nutzte für ihre Werke Jutestoff, Nadel und Faden.

Die Fusskünstlerin schnitt mit ihren Füssen Stoffe zurecht, fädelte mit den Zehen ein und stickte selbst komplizierteste Entwürfe zu Bildteppichen ohne Vorlage, aus dem Kopf. Ein Talent, das belohnt werden sollte: 1973 erhielt Lengacher-Huwyler den Förderpreis der Federstiftung vom Kunst- und Kulturverein Obwalden.

Ihre Werke schmückten Ausstellungen unter anderem in Zürich, Bern, Luzern, Genf, Bellinzona, Lugano und in aller Welt. Im Januar 1997 verstarb die Fusskünstlerin im Alter von 57 Jahren.

Mösch, Theo
Mundmaler
1950 - 1996

Theo Mösch wurde 1950 in Laufenburg/Schweiz geboren. Bereits 1951 erkrankte er so schwer, dass er sich immer weniger bewegen konnte. Mit 17 Jahren schliesslich konnte er seine Arme, Hände und Füsse überhaupt nicht mehr gebrauchen und war seitdem auf den Rollstuhl angewiesen. Nach der Primarschule wechselte der künstlerisch Talentierte auf eine Schule für Behinderte und begann dort mit dem Stift und Pinsel im Mund zu schreiben, malen und zeichnen.

Auf Anregung des Mundmalers Klaus Spahni hin besuchte der Künstler die Kunstgewerbeschule in St. Gallen, die er erfolgreich absolvierte. Möschs malte am liebsten Landschaften und Blumen sowie in kräftigen Farben gestaltete Holzschnitte. Seine zarten Bildideen spiegeln die elementare künstlerische Begabung von Theo Mösch wider. Die Bilder des Mundmalers, der 1996 starb, wurden auf der ganzen Welt ausgestellt.

Schaub, Hannelore
Mundmalerin
1948 - 1987

Hannelore Schaub kam 1948 in Therwil auf die Welt und erkrankte mit acht Jahren an Poliomyelitis. Eine komplette Lähmung war die Folge. Als sie während ihres Spitalaufenthalts einen Pinsel bekam, zögerte sie nicht und startete ihre ersten Malversuche mit dem Mund. Es war der Beginn einer langjährigen Ausbildung. Parallel zum Privatunterricht für den Grundschulstoff besuchte sie einen Kunstmaler. Dieser unterstützte sie dabei, ihre Fertigkeiten im Malen und Zeichnen zu erweitern. Die Mühen wurden belohnt: 1966 konnte sie mit ihren erstaunlichen Fähigkeiten als Tagesschülern in die Kunstgewerbeschule Basel eintreten und folgte hier einem besonderen Ausbildungsgang zur wissenschaftlichen Zeichnerin. Also solche kreierte sie mit dem Stift feinste Strukturen, beispielsweise von Käfern oder Pflanzen, die selbst Fotografien nicht wiedergeben können.

Neben den mikroskopisch genauen Zeichnungen hatten es der Künstlerin vor allem abstrakte Stillleben angetan. Hannelore Schaub entwarf oftmals realistische Bilder, die durch unrealistische Farben eine ganz besondere Stimmung beim Betrachter hervorrufen. „Es braucht Jahre, bis sich aus dem Schaffen eine eigene Darstellungsweise herauskristallisiert. Man darf diesen Weg nicht abkürzen, indem man sich vorzeitig einen bestimmten Stil aufzwingt“, erklärte die Mundmalerin ihre Vielseitigkeit. Bei Ausstellungen in der Schweiz und auf der ganzen Welt präsentierte Hannelore Schaub, die 1987 verstarb, ihre Werke der breiten Öffentlichkeit.

Pasche, Charles
Fussmaler
1915 - 1981

1915 kam Charles Pasche ohne Arme in Céligny im Kanton Genf auf die Welt. Fortan waren seine Füsse für all das nützlich, wofür andere ihre Hände einsetzten. So lernte er in der Schule mit dem rechten Fuss zu schreiben und entdeckte früh seine Begeisterung und das Talent für die Malerei. Während seines Studiums an der Ecole des Beaux-Arts de Genève perfektionierte Pasche die Gewandheit seiner Zehen und entwickelte sich zu einem anerkannten Fussmaler.

Blumenstillleben oder auch die überwältigende Landschaft der Schweizer Alpen gehörten dabei zu seinen Lieblingsmotiven, die im Rahmen von zahlreichen Ausstellungen in der Schweiz, Italien und auf der ganzen Welt großen Anklang fanden. Der Fussmaler Pasche starb 1981.

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