"Jedes Bild ist ein kleines Stück von einem selbst, das man mit anderen teilt."
Die Wahrheit ist, dass ich darüber bisher nicht viel nachgedacht hatte. Deshalb hatte ich keine Antwort bereit, aber nach einigem Nachdenken stellte ich fest, welchen grossen Einfluss die Malerei auf mein Leben gehabt hat.
Ich male schon den grössten Teil meines Lebens und es ist mir ein guter Freund geworden. Es hat mir viele Chancen geboten. Einige davon sind offensichtlich, z.B. die Möglichkeit, meinen Lebensunterhalt zu verdienen und mich gegenüber der grossen Welt auszudrücken. Ich glaube, diese Bedeutungen gelten für die meisten Kunstmaler. Als Mundmaler glaube ich, dass wir uns anderen Herausforderungen stellen müssen als jenen, die gewöhnliche Kunstmaler in ihrer Karriere zu überwinden haben. Man könnte sagen, dass das Malen einen therapeutischen Wert hat und uns hilft, das Problem zu überwinden, vor dem man als Mundmaler steht. Mir hat das Malen auch dabei geholfen, viel Selbstvertrauen zu gewinnen und mich dem Leben zu fairen Bedingungen zu stellen. Die Möglichkeit, zu malen und Werke zu schaffen, die von manchen Menschen bewundert werden, ist ein grossartiges Geschenk, das mir die Malerei gemacht hat.
Die Freude, die man spürt, wenn man eine leere Leinwand zum Leben erweckt, ist in dem Gefühl begründet, etwas zu leisten. Sie ist eine ständige Quelle von Überraschungen. Als Künstler hört man nie auf zu lernen und die nächste leere Leinwand ist wieder eine neue Erfahrung.
Was das Malen für mich bedeutet, lässt sich nicht angemessen in Worte fassen, denn diese Frage hat so viele Facetten und Antworten. Es ist ein Teil von mir und ich bin ein Teil davon. Ich kann mir keine Zeit ohne Malen vorstellen.
Ich schaue auf die vergangenen Jahre zurück und sehe den Weg, auf den mich die Arbeit als Künstler gebracht hat. Ich bin nicht ganz sicher, wohin mich dieser führen wird. Eines jedoch weiss ich gewiss: Dass es eine schöne Reise werden wird.
Ein Künstler zu sein, hat mir viele Türen geöffnet. Es hat mir ermöglicht, viele Menschen zu besuchen und mit ihnen zu sprechen. Es ist eine schöne Erfahrung, seine Werke weltweit bei Ausstellungen zu zeigen. Jedes Bild ist ein kleines Stück von einem selbst, das man mit anderen teilt.
Ich finde, dass das Malen mir auch ein Gefühl von Stolz und Leistung gegeben hat und möchte damit alles andere als arrogant klingen. In dem Dorf, in dem ich heute lebe und auf der ganzen Insel bin ich als der mundmalende Künstler anerkannt. Ich glaube wirklich, dass die Menschen so weniger meinen Rollstuhl und mehr mich als Person wahrnehmen. Schulkinder besuchen mich zu Hause, um mir beim Arbeiten zuzuschauen. Die Medien interessieren sich für meine Arbeit. Das gibt einem das Gefühl, etwas zu leisten und wert zu sein, was äusserst wichtig ist. Am wichtigsten ist jedoch die Botschaft an andere, dass die Behinderung nicht das Ende, sondern einen Anfang bedeutet.
Das Leben mit seinen Wendungen hört nicht auf mich in Staunen zu versetzen. 1999 traf ich meine Frau Blance. Das war eines der grossartigsten Ereignisse meines Lebens. Mittlerweile sind wir stolze Eltern von Zwillingen, meinem Sohn Pantelis und meiner Tochter Alexandra. Jeder Tag ist ein Segen. Während ich arbeite, sehe ich meine Kinder und stelle fest, dass alles miteinander verbunden ist. Die erwähnte Reise geht weiter und obwohl ich nicht weiss, wie mein Leben ohne die Malerei verlaufen wäre, bin ich dankbar dafür, dass sie da war. Ich habe das Gefühl, dass sich der Kreis schliesst. Ich habe Pinsel und Leinwand so viel zu verdanken.
Man darf die Freiheit, die uns die erstaunliche Organisation, der wir als Künstler angehören, gibt, nicht unterschätzen. Die finanzielle Unabhängigkeit ist ein Lohn, der nie unterschätzt werden darf. Ich möchte daher an dieser Stelle allen, die dies möglich gemacht haben, Danke sagen. Es bedeutet mir so viel. Wir dürfen nie vergessen, wie wichtig es ist, denn ich bin sicher, dass das Leben ohne dies viel schwerer wäre. Solche Möglichkeiten sind nicht einfach so gegeben und wir können uns wirklich glücklich schätzen, diese Unterstützung zu haben.
Am Tage meines Unfalls wurde mir so viel genommen. Ein einziger Augenblick veränderte meine Träume und ein neues Leben begann. Ich hatte keine Ahnung, was die Zukunft für mich bereithielt und die Aussicht auf ein Leben im Rollstuhl war wirklich furchterregend. Aber mit Glück und Hartnäckigkeit wurde die Zukunft wieder erträglich. Das Malen half mir bei dieser neuen Odyssee. Wie immer darf die Bedeutung der Familie nicht unterschätzt werden. Ohne ihre bedingungslose Hilfe wäre das meiste, das ich erreicht habe, nicht möglich gewesen. Ihre Liebe und ständige Unterstützung hat all das möglich gemacht. Die Frage, was das Malen für mich bedeutet, hat mich wirklich zum Nachdenken angeregt und ich nehme an, die Antwort lautet einfach: Es bedeutet mir alles.
Über den Künstler
Geboren am: 4. November 1956
Geburtsort: London
Vollmitglied der VDMFK seit: 1981
Malart: Mundmaler
Kyriacos Kyriacou war in seinen Jugendjahren sehr sportlich und betrieb aktiv Rugby. Im Alter von 15 Jahren erlitt er einen Tauchunfall, durch dessen Folge er an Händen und Beinen gelähmt blieb. Schon während der Rehabilitation im Krankenhaus begann er mit dem Mund zu malen und zu zeichnen. Im Anschluss daran besuchte er eine private Kunstschule und später privaten Kunstunterricht.
Im Jahre 1979 erhielt er ein Stipendium der Vereinigung. Bereits zwei Jahre später wurde er Vollmitglied der VMDFK. Seine künstlerische Arbeit spiegelt die beiden Lebensweisheiten von Kyriacos Kyriacou wider. Einerseits sind seine Bilder von der Inselwelt der Ägäis geprägt. Hierbei wählt er oft das Motiv der blauen Boote vor den weiss verkarsteten Küsten. Andererseits bevorzugt er das Motiv der Landschaft Grossbritanniens mit ihren Seen und Flussläufen sowie den typischen alten englischen Dörfern und Kleinstädten mit ihren rötlichen Steinhäusern. Hierbei bedient er sich vorwiegend der Ölmalerei. Seine Arbeiten konnte Kyriacos Kyriacou schon bei mehreren Ausstellungen in aller Welt dem Publikum zeigen.

